Fit sein um jeden Preis
Eine besondere Rolle kommt dem eigenen Selbstbild zu, wenn man den eigenen Leistungsansprüchen („das muss ich doch schaffen“, „ich darf mich nicht so anstellen“) oder den Erwartungen anderer Leute („ich kann die Kollegen oder den Chef doch nicht hängen lassen“) gerecht werden will. Das kann zur Folge haben, dass Symptome ignoriert und Krankheiten verschleppt werden oder dass Symptome wahrgenommen und mit Medikamenten gelindert werden, ohne die Erkrankung auszuheilen. Anstatt einer drei- oder viertägigen Bettruhe werden Erkältungsmittel präferiert (meist als Kombinationspräparate), die den Hustenreiz unterdrücken, den Nasenfluss stoppen und die Kopf- und Gliederschmerzen lindern. Schmerzt der Rücken, hilft eine Spritze oder eine starke Schmerztablette, um anschließend wieder zur Arbeit gehen zu können. Schlägt das Schmerzmittel auf den Magen, hilft auch dagegen eine weitere Tablette.
Ein Beispiel aus dem Leben:
Ein Geschäftsmann (46) brach auf einer Messe mitten im Gespräch mit einem Kunden zusammen. Er wachte auf der Intensivstation wieder auf. Die Diagnose war ein völliges Versagen seines Immunsystems. Dies war u.a. die Folge davon, dass er wegen seiner beruflichen Selbstständigkeit jahrelang die Signale seines Körpers ignoriert und keinen Infekt wirklich auskuriert hatte.
Ähnlich verhält es sich mit der Diagnose „Burnout“. Häufig gehen dieser Diagnose viele Signale und Erkrankungen voraus, die vom Einzelnen nicht ernsthaft beachtet wurden.
Oft verbleiben berufliche Probleme nicht an der Arbeitsstelle und die alltäglichen Sorgen und Nöte kommen noch hinzu. Um abends den wohlverdienten Schlaf zu finden, werden Schlafmittel genommen oder es wird Alkohol zum Abschalten getrunken. Um am nächsten Tag den Anforderungen des Berufs gerecht zu werden, leistungsfähig zu sein und wach zu bleiben, muss dann viel Kaffee getrunken oder gar ein Aufputschmittel genommen werden.